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Du bist hin! verloren aufewig! Leb wohl, Bruder, und laß mich alles vergessen, laß mich mein einsames Leben noch so ausknirschen über das Schicksal deiner Verblendung! Ha! das alles! sich in den Augen der Welt verächtlich zu machen, und nicht einmal dadurch eine Leidenschaft, eine Begierde befriedigen! dir mutwillig eine Krankheit zuziehen, die, indem sie deine innern Kräfte untergräbt, dich zugleich dem Anblick der Menschen abscheulich macht!
Clavigo.
Carlos! Carlos!
Carlos.
Wärst du nie gestiegen, um nie zu fallen! Mit welchen Augen werden sie das ansehn! Da ist der Bruder, werden sie sagen! das muß ein braver Kerl sein, der hat ihn ins Bockshorn gejagt, er hat sich nicht getraut, ihm die Spitze zu bieten. Ha! werden unsre schwadronierenden Hofjunker sagen, man sieht immer, daß er kein Kavalier ist. Pah! ruft einer und rückt den Hut in die Augen, der Franzos hätte mir kommen sollen! und patscht sich auf den Bauch, ein Kerl, der vielleicht nicht wert wäre, dein Reitknecht zu sein.
Clavigo der in dem Ausbruch der heftigsten Beängstigung, mit einem Strom von Tränen, dem Carlos um den Hals fällt.
Rette mich! Freund! mein Bester, rette mich! Rette mich von dem gedoppelten Meineid, von der unübersehlichen Schande, von mir selbst — ich vergehe!
Carlos.
Armer! Elender! Ich hoffte, diese jugendlichen Rasereien, diese stürmenden Tränen, diese versinkende Wehmut sollte vorüber sein, ich hoffte, dich als Mann nicht mehr erschüttert, nicht mehr in dem beklemmenden Jammer zu sehen, den du ehemals so oft in meinen Busen ausgeweint hast. Ermanne dich, Clavigo, ermanne dich!
Clavigo.
Laß mich weinen!
Er wirft sich in einen Sessel.
Carlos.
Weh dir, daß du eine Bahn betreten hast, die du nicht endigen wirst! Mit deinem Herzen, deinen Gesinnungen, die einen ruhigen Bürger glücklich machen würden, mußtest du den unseligen Hang nach Größe verbinden! Und was ist Größe, Clavigo? Sich in Rang und Ansehn über andre zu erheben? Glaub es nicht! Wenn dein Herz nicht größer ist als andrer Herzen, wenn du nicht imstande bist, dich gelassen über Verhältnisse hinauszusetzen, die einen gemeinen Menschen ängstigen würden, so bist du mit all deinen Bändern und Sternen, bist mit der Krone selbst nur ein gemeiner Mensch. Fasse dich, beruhige dich!
Clavigo richtet sich auf, sieht Carlos an und reicht ihm die Hand, die Carlos mit Heftigkeit anfaßt.
Carlos.
Auf! auf, mein Freund! und entschließe dich.
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