Der Antichrist   ::   Ницше Фридрих

Страница: 53 из 64

 — Es giebt Fragen, wo über Wahrheit und Unwahrheit dem Menschen die Entscheidung nicht zusteht; alle obersten Fragen, alle obersten Werth-Probleme sind jenseits der menschlichen Vernunft… Die Grenzen der Vernunft begreifen — das erst ist wahrhaft Philosophie… Wozu gab Gott dem Menschen die Offenbarung? Würde Gott etwas Überflüssiges gethan haben? Der Mensch kann von sich nicht selber wissen, was gut und böse ist, darum lehrte ihn Gott seinen Willen… Moral: der Priester lügt nicht, — die Frage» wahr «oder» unwahr «in solchen Dingen, von denen Priester reden, erlaubt gar nicht zu lügen. Denn um zu lügen, müsste man entscheiden können, was hier wahr ist. Aber das kann eben der Mensch nicht; der Priester ist damit nur das Mundstück Gottes. — Ein solcher Priester-Syllogismus ist durchaus nicht bloss jüdisch und christlich: das Recht zur Lüge und die Klugheit der» Offenbarung «gehört dem Typus Priester an, den décadence-Priestern so gut als den Heidenthums-Priestern (— Heiden sind Alle, die zum Leben ja sagen, denen» Gott «das Wort für das grosse Ja zu allen Dingen ist) — Das» Gesetz«, der» Wille Gottes«, das» heilige Buch«, die» Inspiration«— Alles nur Worte für die Bedingungen, unter denen der Priester zur Macht kommt, mit denen er seine Macht aufrecht erhält, — diese Begriffe finden sich auf dem Grunde aller Priester-Organisationen, aller priesterlichen oder philosophisch-priesterlichen Herrschafts-Gebilde. Die» heilige Lüge«— dem Confucius, dem Gesetzbuch des Manu, dem Muhamed, der christlichen Kirche gemeinsam: sie fehlt nicht bei Plato.»Die Wahrheit ist da«: dies bedeutet, wo nur es laut wird, der Priester lügt…



56



— Zuletzt kommt es darauf an, zu welchem Zweck gelogen wird. Dass im Christenthum die» heiligen «Zwecke fehlen, ist mein Einwand gegen seine Mittel. Nur schlechte Zwecke: Vergiftung, Verleumdung, Verneinung des Lebens, die Verachtung des Leibes, die Herabwürdigung und Selbstschändung des Menschen durch den Begriff Sünde, — folglich sind auch seine Mittel schlecht. — Ich lese mit einem entgegengesetzten Gefühle das Gesetzbuch des Manu, ein unvergleichlich geistiges und überlegenes Werk, das mit der Bibel auch nur in Einem Athem nennen eine Sünde wider den Geist wäre. Man erräth es sofort: es hat eine wirkliche Philosophie hinter sich, in sich, nicht bloss ein übelriechendes Judain von Rabbinismus und Aberglauben, — es giebt selbst dem verwöhntesten Psychologen Etwas zu beissen.

|< Пред. 51 52 53 54 55 След. >|

Java книги

Контакты: [email protected]