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Es ist falsch bis zum Unsinn, wenn man in einem» Glauben«, etwa im Glauben an die Erlösung durch Christus das Abzeichen des Christen sieht: bloss die christliche Praktik, ein Leben so wie der, der am Kreuze starb, es lebte, ist christlich… Heute noch ist ein solches Leben möglich, für gewisse Menschen sogar nothwendig: das echte, das ursprüngliche Christenthum wird zu allen Zeiten möglich sein… Nicht ein Glauben, sondern ein Thun, ein Vieles nicht — thun vor Allem, ein andres Sein… Bewusstseins-Zustände, irgend ein Glauben, ein Für-wahr-halten zum Beispiel — jeder Psycholog weiss das — sind ja vollkommen gleichgültig und fünften Ranges gegen den Werth der Instinkte: strenger geredet, der ganze Begriff geistiger Ursächlichkeit ist falsch. Das Christ-sein, die Christlichkeit auf ein Für-wahr-halten, auf eine blosse Bewusstseins-Phänomenalität reduziren heisst die Christlichkeit negiren. In der That gab es gar keine Christen. Der» Christ«, das, was seit zwei Jahrtausenden Christ heisst, ist bloss ein psychologisches Selbst-Missverständniss. Genauer zugesehn, herrschten in ihm, trotz allem» Glauben«, bloss die Instinkte — und was für Instinkte! — Der» Glaube «war zu allen Zeiten, beispielsweise bei Luther, nur ein Mantel, ein Vorwand, ein Vorhang, hinter dem die Instinkte ihr Spiel spielten — , eine kluge Blindheit über die Herrschaft gewisser Instinkte… Der» Glaube«— ich nannte ihn schon die eigentliche christliche Klugheit, — man sprach immer vom» Glauben«, man that immer nur vom Instinkte… In der Vorstellungs-Welt des Christen kommt Nichts vor, was die Wirklichkeit auch nur anrührte: dagegen erkannten wir im Instinkt-Hass gegen jede Wirklichkeit das treibende, das einzig treibende Element in der Wurzel des Christenthums. Was folgt daraus? Dass auch in psychologicis hier der Irrthum radikal, das heisst wesen-bestimmend, das heisst Substanz ist. Ein Begriff hier weg, eine einzige Realität an dessen Stelle — und das ganze Christenthum rollt in's Nichts! — Aus der Höhe gesehn, bleibt diese fremdartigste aller Thatsachen, eine durch Irrthümer nicht nur bedingte, sondern nur in schädlichen, nur in leben und herzvergiftenden Irrthümern erfinderische und selbst geniale Religion ein Schauspiel für Götter, — für jene Gottheiten, welche zugleich Philosophen sind, und denen ich zum Beispiel bei jenen berühmten Zwiegesprächen auf Naxos begegnet bin.
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