Der Antichrist   ::   Ницше Фридрих

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«— Man dürfte hier zunächst einwenden, dass gerade das Seligmachen nicht bewiesen, sondern nur versprochen ist: die Seligkeit an die Bedingung des» Glaubens «geknüpft, — man soll selig werden, weil man glaubt… Aber dass thatsächlich eintritt, was der Priester dem Gläubigen für das jederControle unzugängliche» Jenseits «verspricht, womit bewiese sich das? — Der angebliche» Beweis der Kraft «ist also im Grunde wieder nur ein Glaube daran, dass die Wirkung nicht ausbleibt, welche man sich vom Glauben verspricht. In Formel:»ich glaube, dass der Glaube selig macht; — folglich ist er wahr.«— Aber damit sind wir schon am Ende. Dies» folglich «wäre das absurdum selbst als Criterium der Wahrheit. — Setzen wir aber, mit einiger Nachgiebigkeit, dass das Seligmachen durch den Glauben bewiesen sei — nicht nur gewünscht, nicht nur durch den etwas verdächtigen Mund eines Priesters versprochen: wäre Seligkeit, — technischer geredet, Lust jemals ein Beweis der Wahrheit?

So wenig, dass es beinahe den Gegenbeweis, jedenfalls den höchsten Argwohn gegen» Wahrheit «abgiebt, wenn Lustempfindungen über die Frage» was ist wahr «mitreden. Der Beweis der» Lust «ist ein Beweis für» Lust«, — nichts mehr; woher um Alles in der Welt stünde es fest, dass gerade wahre Urtheile mehr Vergnügen machten als falsche, und, gemäss einer prästabilirten Harmonie, angenehme Gefühle mit Nothwendigkeit hinter sich drein zögen? — Die Erfahrung aller strengen, aller tief gearteten Geister lehrt das Umgekehrte. Man hat jeden Schritt breit Wahrheit sich abringen müssen, man hat fast Alles dagegen preisgeben müssen, woran sonst das Herz, woran unsre Liebe, unser Vertrauen zum Leben hängt. Es bedarf Grösse der Seele dazu: der Dienst der Wahrheit ist der härteste Dienst. — Was heisst denn rechtschaffen sein in geistigen Dingen? Dass man streng gegen sein Herz ist, dass man die» Schönen Gefühle «verachtet, dass man sich aus jedem Ja und Nein ein Gewissen macht! — — Der Glaube macht selig: folglich lügt er…



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Dass der Glaube unter Umständen selig macht, dass Seligkeit aus einer fixen Idee noch nicht eine wahre Idee macht, dass der Glaube keine Berge versetzt, wohl aber Berge hinsetzt, wo es keine giebt: ein flüchtiger Gang durch ein Irrenhaus klärt zur Genüge darüber auf. Nicht freilich einen Priester: denn der leugnet aus Instinkt, dass Krankheit Krankheit, dass Irrenhaus Irrenhaus ist. Das Christenthum hat die Krankheit nöthig, ungefähr wie das Griechenthum einen Überschuss von Gesundheit nöthig hat, — krank — machen ist die eigentliche Hinterabsicht des ganzen Heilsprozeduren-System's der Kirche.

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