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Indessen lebte seine Gattin in dem ruhigen Besitz eines großen Vermögens nach aller Lust und Bequemlichkeit, jedoch eingezogen, undpflegte außer ihren Eltern und Verwandten niemand zu sehen, und indem die Geschäfte ihres Mannes durch getreue Diener fortgeführt wurden, bewohnte sie ein großes Haus, in dessen prächtigen Zimmern sie mit Vergnügen täglich das Andenken ihres Gemahls erneuerte.
So sehr sie aber auch sich stille hielt und eingezogen lebte, waren doch die jungen Leute der Stadt nicht untätig geblieben. Sie versäumten nicht, häufig vor ihrem Fenster vorbeizugehen, und suchten des Abends durch Musik und Gesänge ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die schöne Einsame fand anfangs diese Bemühungen unbequem und lästig, doch gewöhnte sie sich bald daran und ließ an den langen Abenden, ohne sich zu bekümmern, woher sie kämen, die Serenaden als eine angenehme Unterhaltung sich gefallen und konnte dabei manchen Seufzer, der ihrem Abwesenden galt, nicht zurückhalten.
Anstatt daß ihre unbekannten Verehrer, wie sie hoffte, nach und nach müde geworden wären, schienen sich ihre Bemühungen noch zu vermehren und zu einer beständigen Dauer anzulassen. Sie konnte nun die wiederkehrenden Instrumente und Stimmen, die wiederholten Melodien schon unterscheiden und bald sich die Neugierde nicht mehr versagen, zu wissen, wer die Unbekannten und besonders wer die Beharrlichen sein möchten. Sie durfte sich zum Zeitvertreib eine solche Teilnahme wohl erlauben.
Sie fing daher an, von Zeit zu Zeit durch ihre Vorhänge und Halbläden nach der Straße zu sehen, auf die Vorbeigehenden zu merken und besonders die Männer zu unterscheiden, die ihre Fenster am längsten im Auge behielten. Es waren meist schöne, wohlgekleidete junge Leute, die aber freilich in Gebärden sowohl als in ihrem ganzen Äußern ebensoviel Leichtsinn als Eitelkeit sehen ließen. Sie schienen mehr durch ihre Aufmerksamkeit auf das Haus der Schönen sich merkwürdig machen als jener eine Art von Verehrung beweisen zu wollen.
«Wahrlich«, sagte die Dame manchmal scherzend zu sich selbst,»mein Mann hat einen klugen Einfall gehabt! Durch die Bedingung, unter der er mir einen Liebhaber zugesteht, schließt er alle diejenigen aus, die sich um mich bemühen und dir mir allenfalls gefallen könnten. Er weiß wohl, daß Klugheit, Bescheidenheit und Verschwiegenheit Eigenschaften eines ruhigen Alters sind, die zwar unser Verstand schätzt, die aber unsre Einbildungskraft keinesweges aufzuregen noch unsre Neigung anzureizen imstande sind. Vor diesen, die mein Haus mit ihren Artigkeiten belagern, bin ich sicher, daß sie kein Vertrauen erwecken, und die, denen ich mein Vertrauen schenken könnte, finde ich nicht im mindesten liebenswürdig.
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