Der Wanderer und sein Schatten :: Ницше Фридрих
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Zweiter Grundsatz : man soll sich die Reihenfolge des Nächsten und Nahen, des Sicheren und weniger Sicheren feststellen, bevor man sein Leben einrichtet und in eine endgültige Richtung bringt.
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Gefährliche Reizbarkeit. — Begabte Menschen, die aber träge sind, werden immer etwas gereizt erscheinen, wenn einer ihrer Freunde mit einer tüchtigen Arbeit fertig geworden ist. Ihre Eifersucht ist rege, sie schämen sich ihrer Faulheit — oder vielmehr, sie befürchten, der Tätige verachte sie gegenwärtig noch mehr als sonst. In dieser Stimmung kritisieren sie das neue Werk — und ihre Kritik wird zur Rache, zum höchsten Befremden des Urhebers.
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Zerstören der Illusionen. — Die Illusionen sind gewiß kostspielige Vergnügungen: aber das Zerstören der Illusionen ist noch kostspieliger — als Vergnügen betrachtet, was es unleugbar für manchen Menschen ist.
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Das Eintönige des Weisen. — Die Kühe haben mitunter den Ausdruck der Verwunderung, die auf dem Wege zur Frage stehen bleibt. Dagegen liegt im Auge der höheren Intelligenz das nil admirari ausgebreitet wie die Eintönigkeit des wolkenlosen Himmels.
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Nicht zu lange krank sein. — Man hüte sich, zu lange krank zu sein: denn bald werden die Zuschauer durch die übliche Verpflichtung, Mitleiden zu bezeigen, ungeduldig, weil es ihnen zuviel Mühe macht, diesen Zustand lange bei sich aufrecht zu erhalten — und dann gehen sie unmittelbar zur Verdächtigung eures Charakters über, mit dem Schlusse:»ihr verdient es krank zu sein, und wir brauchen uns nicht mehr mit Mitleiden anzustrengen.»
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Wink für Enthusiasten. — Wer gern hinge- rissen werden will und sich leicht nach oben tragen lassen möchte, soll zusehen, daß er nicht zu schwer werde: das heißt zum Beispiel, daß er nicht viel lerne und namentlich von der Wissenschaft sich nicht erfüllen lasse. Diese macht schwerfällig! — nehmt euch in Acht, ihr Enthusiasten!
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Sich zu überraschen wissen. — Wer sich selber sehen will, so wie er ist, muß es verstehen, sich selber zu überraschen , mit der Fackel in der Hand. Denn es steht mit dem Geistigen so, wie es mit dem Körperlichen steht: wer gewohnt ist, sich im Spiegel zu schauen, vergißt immer seine Häßlichkeit: erst durch den Maler bekommt er den Eindruck derselben wieder. Aber er gewöhnt sich auch an das Gemälde und vergißt seine Häßlichkeit zum zweiten Male.
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