Der Wanderer und sein Schatten   ::   Ницше Фридрих

Страница: 18 из 107

Zieht vielmehr, ihr Willens-Freien, den notwendigen Schluß aus eurer Lehre von der» Freiheit des Willens «und dekretiert kühnlich:» keine Tat hat eine Vergangenheit.»

29



Der Neid und sein edlerer Bruder.  — Wo die Gleichheit wirklich durchgedrungen und dauernd begründet ist, entsteht jener, im ganzen als unmoralisch geltende Hang, der im Naturzustande kaum begreiflich wäre: der Neid. Der Neidische fühlt jedes Hervorragen des anderen über das gemeinsame Maß und will ihn bis dahin herabdrücken — oder sich bis dorthin erheben: woraus sich zwei verschiedene Handlungsweisen ergeben, welche Hesiod als die böse und die gute Eris bezeichnet hat. Ebenso entsteht im Zustande der Gleichheit die Indignation darüber, daß es einem anderen unter seiner Würde und Gleichheit schlecht ergeht, einem zweiten über seiner Gleichheit gut: es sind dies Affekte edlerer Naturen. Sie vermissen in den Dingen, welche von der Willkür des Menschen unabhängig sind, Gerechtigkeit und Billigkeit, das heißt: sie verlangen, daß jene Gleichheit, die der Mensch anerkennt, nun auch von der Natur und dem Zufall anerkannt werde; sie zürnen darüber, daß es den Gleichen nicht gleich ergeht.

30



Neid der Götter.  — Der» Neid der Götter «entsteht, wenn der niedriger Geachtete sich irgend worin dem Höheren gleichsetzt (wie Ajax) oder durch Gunst des Schicksals ihm gleichgesetzt wird (wie Niobe als überreich gesegnete Mutter). Innerhalb der gesellschaftlichen Rangordnung stellt dieser Neid die Forderung auf, daß ein jeder kein Verdienst über seinem Stande habe, auch daß sein Glück diesem gemäß sei und namentlich daß sein Selbstbewußtsein jenen Schranken nicht entwachse. Oft erfährt der siegreiche General den» Neid der Götter«, ebenso der Schüler, der ein meisterliches Werk schuf.

31



Eitelkeit als Nachtrieb des ungesellschaftlichen Zustandes.  — Da die Menschen ihrer Sicherheit wegen sich selber als gleich gesetzt haben, zur Gründung der Gemeinde, diese Auffassung, aber im Grunde wider die Natur des einzelnen geht und etwas Erzwungenes ist, so machen sich, je mehr die allgemeine Sicherheit gewährleistet ist, neue Schößlinge des alten Triebes nach Übergewicht geltend: in der Abgrenzung der Stände, in dem Anspruch auf Berufs-Würden und — Vorrechte, überhaupt in der Eitelkeit (Manieren, Tracht, Sprache usw.). Sobald einmal die Gefahr des Gemeinwesens wieder fühlbar wird, drücken die Zahlreicheren, welche ihr Übergewicht nicht im Zustande der allgemeinen Ruhe durchsetzen konnten, wieder den Zustand der Gleichheit hervor: die absurden Sonderrechte und Eitelkeiten verschwinden auf einige Zeit.

|< Пред. 16 17 18 19 20 След. >|

Java книги

Контакты: [email protected]