Der Wanderer und sein Schatten   ::   Ницше Фридрих

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 — Je freudiger und sicherer der Geist wird, um so mehr verlernt der Mensch das laute Gelächter; dagegen quillt ihm ein geistiges Lächeln fortwährend auf, ein Zeichen seines Verwunderns über die zahllosen versteckten Annehmlichkeiten des guten Daseins.

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Unterhaltung der Kranken.  — Wie man bei seelischem Kummer sich die Haare rauft, sich vor die Stirn schlägt, die Wange zerfleischt oder gar wie Ödipus die Augen ausbohrt: so ruft man gegen heftige körperliche Schmerzen mitunter eine heftige bittere Empfindung zu Hilfe, durch Erinnerung an Verleumder und Verdächtiger, durch Verdüsterung unserer Zukunft, durch Bosheiten und Dolchstiche, welche man im Geiste gegen Abwesende schleudert. Und es ist bisweilen dabei wahr: daß ein Teufel den andern austreibt, — aber man hat dann den andern. — Darum sei den Kranken jene andere Unterhaltung anempfohlen, bei der sich die Schmerzen zu mildern scheinen: über Wohltaten und Artigkeiten nachzudenken, welche man Freund und Feind erweisen kann.

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Mediokrität als Maske.  — Die Mediokrität ist die glücklichste Maske, die der überlegene Geist tragen kann, weil sie die große Menge, das heißt die Mediokren, nicht an Maskierung denken läßt — : und doch nimmt er sie gerade ihretwegen vor, — um sie nicht zu reizen, ja nicht selten aus Mitleid und Güte.

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Die Geduldigen. — Die Pinie scheint zu horchen, die Tanne zu warten: und beide ohne Ungeduld: — sie denken nicht an den kleinen Menschen unter sich, den seine Ungeduld und seine Neugierde auffressen.

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Die besten Scherze. — Der Scherz ist mir am willkommensten, der an Stelle eines schweren, nicht unbedenklichen Gedankens steht, zugleich als Wink mit dem Finger und Blinzeln des Auges.

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Zubehör aller Verehrung. — Überall, wo die Vergangenheit verehrt wird, soll man die Säuberlichen und Säubernden nicht einlassen. Der Pietät wird ohne ein wenig Staub, Unrat und Unflat nicht wohl.

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Die große Gefahr der Gelehrten. — Gerade die tüchtigsten und gründlichsten Gelehrten sind in der Gefahr, ihr Lebensziel immer niedriger gesteckt zu sehen und, im Gefühl davon, in der zweiten Hälfte ihres Lebens immer mißmutiger und unverträglicher zu werden. Zuerst schwimmen sie mit breiten Hoffnungen in ihre Wissenschaft hinein und messen sich kühnere Aufgaben zu, deren Ziele mitunter durch ihre Phantasie schon vorweggenommen werden: dann gibt es Augenblicke wie im Leben der großen entdeckenden Schiffahrer, — Wissen, Ahnung und Kraft heben einander immer höher, bis eine ferne neue Küste zum ersten Male dem Auge aufdämmert.

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