Grieche sucht Griechin   ::   Дюрренматт Фридрих

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Sie wuchs im Elendsviertel auf, verdreckt, zerlumpt, wie der schwarzweiße Spaniel eben, stahl Obst und plünderte Opferstöcke. Die Polizei verfolgte sie, Zuhälter stellten ihr nach. Sie schlief unter Brücken zwischen Vaganten und in leeren Fässern, scheu und mißtrauisch wie ein Tier. Dann wurde sie von einem archäologischen Ehepaar aufgelesen, buchstäblich, bei einem Abendspaziergang, und in eine Schule gesteckt, zu Nonnen, und lebte nun bei ihren Wohltätern als Dienstmädchen, anständig gekleidet, anständig genährt, eine rührende Geschichte, alles in allem.

«Ein archäologisches Ehepaar?«wunderte sich Arnolph. Er hatte dergleichen noch nie vernommen.

Ein Ehepaar, das Archäologie studiert, verdeutlichte Chloé Saloniki, und in Griechenland Ausgrabungen gemacht habe.

«Sie entdeckten dort einen Tempel mit kostbaren Standbildern, im Moos versunken, und goldenen Säulen«, sagte sie.

Wie denn das Ehepaar heiße?

Chloé zögerte. Sie schien nach einem Namen zu suchen.

«Gilbert und Elizabeth Weeman.»

«Die berühmten Weemans?»

(Eben war im >Match< ein Artikel mit farbigen Bildern erschienen.)

«Die.»

Er werde sie in seine sittliche Weltordnung einbauen, sagte Arnolph. Als Nummer neun und zehn, doch vielleicht auch als Nummer sechs und sieben, indem Maître Dutour und der Rector magnificus Nummer neun und zehn einnehmen könnten, das sei ja immer noch eine Ehre.

«Du hast eine sittliche Weltordnung?«fragte Chloé verwundert.»Was ist denn das?»

Man müsse einen Halt haben im Leben, sittliche Vorbilder, sagte Archilochos, auch er habe es nicht leicht, wenn er auch nicht zwischen Mördern und Vagabunden aufgewachsen sei wie sie, sondern mit Bruder Bibi in einem Waisenhaus; und er begann mit der Schilderung seines moralischen Weltgebäudes.

Das Wetter hatte sich verändert, unmerklich zuerst für die beiden. Der Regen hatte aufgehört, der Nebel sich gelockert. Er war zu gespenstischen Figuren geworden, zu langgestreckten Drachen, zu schwerfälligen Bären und Riesenmännern, die über die Villen, Bankgebäude, Regierungsbauten und Palais rutschten, sich ineinander verschoben, aufstiegen und sich auflösten. Blauer Himmel schimmerte zwischen den Nebelmassen, undeutlich, zart zuerst, nur eine Ahnung von Frühling, der ja noch ferne war, von Sonnenlicht, unendlich fein, dann klarer, strahlender, mächtiger.

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