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«Sondieren darf man wohl noch«, meinte sie, nachdem sie sich geschminkt hatte,»aber ich lasse Sie nicht imStich, jetzt wo die Riesenarbeit auf uns zukommt.»
«Welche Riesenarbeit?«fragte ich verwundert.
Ilse Freude gab vorerst keine Antwort, stellte ihre prallvolle Umhängetasche auf den Schreibtisch, warf den Spiegel und den Schminkstift achtlos hinein.
«Herr Doktor«, erklärte sie,»Sie sehen zwar harmlos aus, viel zu gutmütig für einen Rechtsanwalt, Rechtsanwälte haben anders auszusehen. Ich kenne die Rechtsanwälte, entweder sehen sie vertrauenerweckend aus oder künstlerisch, wie Pianisten, nur ohne Frack, aber Sie, Herr Doktor…»
«Worauf wollen Sie hinaus?«unterbrach ich sie ungeduldig.
«Ich will darauf hinaus, daß Sie ein gerissener Hund sind, Herr Doktor. Sie sehen nicht aus wie ein Rechtsanwalt und sind doch einer. Sie wollen auch den unschuldigen Kantonsrat aus dem Zuchthaus befreien.»
«Was soll der Unsinn, Ilse?«staunte ich.
«Wozu haben Sie denn sonst einen Scheck von fünfzehntausend Franken vom Kantonsrat Kohler erhalten?»
Ich war perplex.»Woher wissen Sie das?«herrschte ich sie an.
«Hin und wieder muß ich schließlich Ihren Schreibtisch aufräumen«, fauchte sie zurück,»bei Ihrem Durcheinander. Und jetzt werden Sie noch grob.»
Sie wischte sich die Augen.»Aber Sie werden's schaffen. Sie holen den guten Kantonsrat raus. Ich bleibe bei Ihnen! Wie eine Klette! Wir beide schaffen das, Herr Doktor!»
«Sie glauben, der alte Kohler sei unschuldig?«fragte ich bestürzt.
Ilse Freude erhob sich graziös, trotz ihrer respektablen Fülle, hing sich die Tasche um.
«Das weiß doch die ganze Stadt«, sagte sie.»Und auch wer der Mörder ist.»
«Da bin ich aber gespannt«, sagte ich und fröstelte plötzlich.
«Doktor Benno«, erklärte Ilse.»Der war schweizerischer Meister im Pistolenschießen. Das steht in allen Zeitungen.»
Später aß ich mit Mock im >Du Théâtre<. Er hatte mich eingeladen, eine Seltenheit für den alten Geizkragen. Ich nahm die Einladung an, obgleich ich wußte, daß Mock nur einlud, wenn er sicher war, eine Absage zu erhalten. Aber ich war neugierig darauf, ob es stimme, daß Mock seit der Ermordung Winters nun an dessen Tisch zu speisen pflegte. Es stimmte. Zu meiner Überraschung begrüßte mich Mock freudig, doch kaum hatte ich Platz genommen, setzte sich der Kommandant zu uns, das erste Mal, daß ich ihn kennenlernte, auch stellte sich heraus, daß er gekommen war, um mich kennenzulernen, überhaupt das Treffen organisiert hatte und der Gastgeber war und am Schluß denn auch alles bezahlte. Mock war nur der Köder gewesen.
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