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Er, Stüssi-Leupin, auch. Zwar widersprächen sich alle Zeugen, zwar sei die Mordwaffe nie gefunden worden, zwar fehle ein Motiv. Trotzdem. Wir hielten ihn für schuldig. Warum? Weil der Mord in einem überfüllten Restaurant geschehen sei. Die Anwesenden hätten es irgendwie bemerkt, auch wenn sie sich nun widersprächen. Wir wüßten es also nicht unbedingt, aber wir glaubten es unbedingt. Das habe ihn schon beim Prozeß gewundert. Weder sei nach dem Revolver gefragt noch seien Zeugen vernommen worden, auch habe sich der Richter mit der Aussage des Kommandanten zufriedengegeben, der zwar bei der Tat in der Nähe gesessen sei, aber weder erwähnt habe, ob er den Mord direkt gesehen oder Zeugen vernommen hatte, dazu sei der Verteidiger eine Niete und Jämmerlin in Hochform gewesen. Wir hätten unsere liebe Mühe, unser Wissen über Kohlers Schuld unserem Glauben an Kohlers Schuld anzugleichen. Unser Wissen hinke unserem Glauben hinterher, ein geschickter Verteidiger fabriziere allein aus dieser Diskrepanz schon einen Freispruch. Doch sollten wir unserem guten Jämmerlin noch eine Chance geben, nach einem Motiv zu suchen. Kohler habe mir den lukrativen Auftrag zugeschanzt, weil ich nichts von Billard verstehe. Ich hätte daraus den Schluß gezogen — er habe aufmerksam zugehört —, Kohler hätte getötet, um zu beobachten, gemordet, um die Gesetze der Gesellschaft zu untersuchen, und nur deshalb sein Motiv nicht angegeben, weil er damit vor Gericht keinen Glauben gefunden hätte. Lieber Freund, er könne dazu nur sagen, so ein Motiv sei zu literarisch, Schriftsteller erfänden solche Motive, wenn er auch glaube, bei einem Mann wie Kohler müsse es sich um ein besonderes Motiv handeln. Aber um welches?
Stüssi-Leupin überlegte.
«Sie haben den falschen Schluß gezogen«, sagte er dann.»Weil Sie von Billard nichts verstehen. Kohler hat à la bande gespielt.»
«A la bande«, erinnerte ich mich.»Das hat Kohler einmal gesagt. Beim Billard im >Du Théâtre<. >A la bande, so muß man den Benno schlagen.<»
«Und wie hat er gespielt?«fragte Stüssi-Leupin.
«Ich weiß nicht recht«, dachte ich nach.»Kohler hat die Kugel an die Umrandung gespielt, von dort ist die Kugel zurückgeprallt und hat Bennos Kugel getroffen.»
Stüssi-Leupin schenkte sich Wein ein.
«Kohler hat Winter erschossen, um Benno zu erledigen.»
«Warum denn?«fragte ich verständnislos.
«Spät, Sie sind auch gar zu naiv«, wunderte sich Stüssi-Leupin.»Dabei hat Ihnen die Steiermann das Stichwort geliefert. Kohler führt ihre Geschäfte. Auch vom Zuchthaus aus. Der flechtet nicht nur Körbe.
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