Justiz   ::   Дюрренматт Фридрих

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Müde kehre ich zu meinem Schreibtisch zurück. Zu meinem Schlachtfeld, in den Bannkreis meiner Geschöpfe, aber nicht in eine andere Wirklichkeit, außer jener, daß ihre Zeit abgelaufen ist, nicht die unsrige. Von mir erfunden, vermochte ich sie nicht zu enträtseln. Meine Geschöpfe erschufen sich ihre Wirklichkeit, die sie meiner Einbildungskraft entrissen und damit meiner Wirklichkeit, der Zeit, die ich hergab, sie zu schaffen. So sind auch sie ein Teil unser aller Wirklichkeit geworden und damit eine der Möglichkeiten, deren eine wir die Weltgeschichte nennen, auch sie eingepuppt vom Kokon unserer Fiktionen. Doch ist die Geschichte, die nur in meiner Phantasie wirklich wurde und die nun, geschrieben, von mir weicht, sinnloser als die Weltgeschichte, weniger erdbebensicher als der Boden, auf dem wir unsere Städte bauen? Und Gott? Denken wir ihn, hat er anders gehandelt als Dr.h.c. Isaak Kohler? Hatte Spät nicht die Freiheit, den Auftrag abzuweisen, einen Mörder zu suchen, den es nicht gab? Mußte er denn nicht einen Mörder finden, den es nicht gab, so wie der Mensch, als er die Frucht des Baumes der Erkenntnis des Guten und des Bösen aß, den Gott finden mußte, den es nicht gab, den Teufel? Ist dieser nicht die Fiktion Gottes, um seine mißratene Schöpfung zu rechtfertigen? Wer ist der Schuldige? Jener, der den Auftrag gibt, oder jener, der ihn annimmt? Jener, der verbietet, oder jener, der das Verbot mißachtet? Jener, der die Gesetze erläßt, oder jener, der sie bricht? Jener, der die Freiheit zuläßt, oder jener, der sie wahrnimmt? Wir gehen an der Freiheit zugrunde, die wir gestatten und die wir uns gestatten. Ich verlasse mein Arbeitszimmer, das nun leer geworden ist, befreit von meinen Geschöpfen. Halb fünf. Am Himmel seh ich zum ersten Mal den Orion. Wen jagt er?

Friedrich Dürrenmatt

22.9..85

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