Der Wanderer und sein Schatten   ::   Ницше Фридрих

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 — Es ist heute das Fest der kleinen Tiere, der schwülste Tage des Jahres: es wimmelt und krabbelt um uns, und wir zerdrücken, ohne es zu wollen, aber auch ohne acht zu geben, bald hier, bald dort ein Würmchen und gefiedertes Käferchen. — Bringen die Tiere uns Schaden, so erstreben wir auf jede Weise ihre Vernichtung, die Mittel sind oft grausam genug, ohne daß wir dies eigentlich wollen: es ist die Grausamkeit der Gedankenlosigkeit. Nützen sie, so beuten wir sie aus: bis eine feinere Klugheit uns lehrt, daß gewisse Tiere für eine andere Behandlung, nämlich für die der Pflege und Zucht, reichlich lohnen. Da erst entsteht Verantwortlichkeit. Gegen das Haustier wird die Quälerei gemieden; der eine Mensch empört sich, wenn ein anderer unbarmherzig gegen seine Kuh ist, ganz in Gemäßheit der primitiven Gemeinde-Moral, welche den gemeinsamen Nutzen in Gefahr sieht, so oft ein einzelner sich vergeht. Wer in der Gemeinde ein Vergehen wahrnimmt, fürchtet den indirekten Schaden für sich: und wir fürchten für die Güte des Fleisches, des Landbaues und der Verkehrsmittel, wenn wir die Haustiere nicht gut behandelt sehen. Zudem erweckt der, welcher roh gegen Tiere ist, den Argwohn, auch roh gegen schwache, ungleiche, der Rache unfähige Menschen zu sein; er gilt als unedel, des feineren Stolzes ermangelnd. So entsteht ein Ansatz von moralischem Urteilen und Empfinden: das beste tut nun der Aberglaube hinzu. Manche Tiere reizen durch Blicke, Töne und Gebärden den Menschen an, sich in sie hineinzudichten, und manche Religionen lehren im Tiere unter Umständen den Wohnsitz von Menschen- und Götterseelen sehen: weshalb sie überhaupt edlere Vorsicht, ja ehrfürchtige Scheu im Umgange mit den Tieren anempfehlen. Auch nach dem Verschwinden dieses Aberglaubens wirken die von ihm erweckten Empfindungen fort und reifen und blühen aus. — Das Christentum hat sich bekanntlich in diesem Punkte als arme und zurückbildende Religion bewährt.

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Neue Schauspieler.  — Es gibt unter den Menschen keine größere Banalität als den Tod; zu zweit im Range steht die Geburt, weil nicht alle geboren werden, welche doch sterben; dann folgt die Heirat. Aber diese kleinen abgespielten Tragikomödien werden bei jeder ihrer ungezählten und unzählbaren Aufführungen immer wieder von neuen Schauspielern dargestellt und hören deshalb nicht auf, interessierte Zuschauer zu haben: während man glauben sollte, daß die gesamte Zuschauerschaft des Erdentheaters sich längst aus Überdruß daran an allen Bäumen aufgehängt hätte. Soviel liegt an neuen Schauspielern, sowenig am Stück.

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