Der Wanderer und sein Schatten   ::   Ницше Фридрих

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Die dramatischen Sänger.  — »Warum singt dieser Bettler?«— Er versteht wahrscheinlich nicht zu jammern. — »Dann tut er Recht: aber unsere dramatischen Sänger, welche jammern, weil sie nicht zu singen verstehen — tun sie auch das Rechte?»

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Dramatische Musik.  — Für den, welcher nicht sieht, was auf der Bühne vorgeht, ist die dramatische Musik ein Unding; so gut der fortlaufende Kommentar zu einem verloren gegangenen Texte ein Unding ist. Sie verlangt ganz eigentlich, daß man auch die Ohren dort habe, wo die Augen stehen; damit ist aber an Euterpe Gewalt geübt: diese arme Muse will, daß man ihre Augen und Ohren dort stehen lasse, wo alle anderen Musen sie auch haben.

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Sieg und Vernünftigkeit.  — Leider entscheidet auch bei den ästhetischen Kriegen, welche Künstler mit ihren Werken und deren Schutzreden erregen, zuletzt die Kraft und nicht die Vernunft. Jetzt nimmt alle Welt als historische Tatsache an, daß Gluck im Kampfe mit Piccini Recht gehabt habe: jedenfalls hat er gesiegt; die Kraft stand auf seiner Seite.

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Vom Prinzipe des Vortrags in der Musik.  — Glauben denn wirklich die jetzigen Künstler des musikalischen Vortrags, das höchste Gebot ihrer Kunst sei, jedem Stück so viel Hochrelief zu geben, als nur möglich ist, und es um jeden Preis eine dramatische Sprache reden zu lassen? Ist dies, zum Beispiel auf Mozart angewendet, nicht ganz eigentlich eine Sünde wider den Geist, den heiteren, sonnigen, zärtlichen, leichtsinnigen Geist Mozarts, dessen Ernst ein gütiger und nicht ein furchtbarer Ernst ist, dessen Bilder nicht aus der Wand herausspringen wollen, um die Anschauenden in Entsetzen und Flucht zu jagen. Oder meint ihr, Mozartische Musik sei gleichbedeutend mit» Musik des steinernen Gastes«? Und nicht nur Mozartische, sondern alle Musik? — Aber ihr entgegnet, die größere Wirkung spreche zugunsten eures Prinzips — und ihr hättet recht, wofern nicht die Gegenfrage übrig bliebe, auf wen da gewirkt worden sei, und auf wen ein vornehmer Künstler überhaupt nur wirken wollen dürfe! Niemals auf das Volk! Niemals auf die Unreifen! Niemals auf die Empfindsamen! Niemals auf die Krankhaften! Vor allem aber: niemals auf die Abgestumpften!

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Musik von heute.  — Diese modernste Musik, mit ihren starken Lungen und schwachen Nerven, erschrickt immer zuerst vor sich selber.

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Wo die Musik heimisch ist.  — Die Musik erlangt ihre große Macht nur unter Menschen, welche nicht diskutieren können oder dürfen.

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