Der Wanderer und sein Schatten   ::   Ницше Фридрих

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Der natürliche Tod ist der Selbstmord der Natur, das heißt die Vernichtung des vernünftigen Wesens durch das unvernünftige, welches an das erstere gebunden ist. Nur unter der religiösen Beleuchtung kann es umgekehrt erscheinen: weil dann, wie billig, die höhere Vernunft (Gottes) ihren Befehl gibt, dem die niedere Vernunft sich zu fügen hat. Außerhalb der religiösen Denkungsart ist der natürliche Tod keiner Verherrlichung wert. — Die weisheitsvolle Anordnung und Verfügung des Todes gehört in jene jetzt ganz unfaßbar und unmoralisch klingende Moral der Zukunft, in deren Morgenröte zu blicken ein unbeschreibliches Glück sein muß.

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Zurückbildend. — Alle Verbrecher zwingen die Gesellschaft auf frühere Stufen der Kultur zurück, als die ist, auf welcher sie gerade steht; sie wirken zurückbildend. Man denke an die Werkzeuge, welche die Gesellschaft der Notwehr halber sich schaffen und unterhalten muß: an den verschmitzten Polizisten, den Gefängniswärter, den Henker; man vergesse den öffentlichen Ankläger und den Advokaten nicht; endlich frage man sich, ob nicht der Richter selber und die Strafe und das ganze Gerichtsverfahren in ihrer Wirkung auf die Nicht-Verbrecher viel eher niederdrückende, als erhebende Erscheinungen sind; es wird eben nie gelingen, der Notwehr und der Rache das Gewand der Unschuld umzulegen; und so oft man den Menschen als ein Mittel zum Zwecke der Gesellschaft benutzt und opfert, trauert alle höhere Menschlichkeit darüber.

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Krieg als Heilmittel. — Matt und erbärmlich werdenden Völkern mag der Krieg als Heilmittel anzuraten sein, falls sie nämlich durchaus noch fortleben wollen: denn es gibt für die Völker-Schwindsucht auch eine Brutalitäts-Kur. Das ewige Leben-wollen und Nichtsterben-können ist aber selber schon ein Zeichen von Greisenhaftigkeit der Empfindung: je voller und tüchtiger man lebt, um so schneller ist man bereit, das Leben für eine einzige gute Empfindung dahinzugeben. Ein Volk, das so lebt und empfindet, hat die Kriege nicht nötig.

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Geistige und leibliche Verpflanzung als Heilmittel. — Die verschiedenen Kulturen sind verschiedene geistige Klimata, von denen ein jedes diesem oder jenem Organismus vornehmlich schädlich oder heilsam ist. Die Historie im Ganzen, als das Wissen um die verschiedenen Kulturen, ist die Heilmittellehre , nicht aber die Wissenschaft der Heilkunst selber. Der Arzt ist erst recht noch nötig, der sich dieser Heilmittellehre bedient, um jeden in sein ihm gerade ersprießliches Klima zu senden — zeitweilig oder auf immer.

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