Grieche sucht Griechin   ::   Дюрренматт Фридрих

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«Es lebe der Hahnrei der Stadt!»

«Nieder mit ihm!»

«Reißt ihm die Kleider vom Leib!»

Pfiffe gellten an sein Ohr, Schmährufe, Steine wurden nach ihm geworfen, Straßenjungen rannten ihm nach, stellten ihm ein Bein, mehrere Male schlug er hin, bis er sich blutverschmiert im Hausgang einer Mietskaserne unter einer Treppe verstecken konnte, ins Dunkel gekauert, die polternden Schritte der Meute über seinem Haupt, welcheser in den Armen vergraben hatte, bis sich die Verfolger mit der Zeit verliefen, da sie ihn nicht mehr zu finden vermochten.

Stundenlang kauerte er nun unter der Treppe, frierend, leise schluchzend, während es im ungeheizten Korridor des Mietshauses immer dunkler und dunkler wurde. Mit allen habe sie geschlafen, mit allen, mit dem Staatspräsidenten, mit Passap und Maître Dutour, mit allen, wimmerte er. Das ganze Riesengewicht seines moralischen Weltgebäudes war zusammengebrochen und hatte ihn zermalmt. Dann raffte er sich auf. Er torkelte durch den fremden Korridor, fiel über ein Fahrrad und betrat die Straße. Es war schon Nacht. Er schlich zum Strom hinunter, durch schlecht erleuchtete, schmutzige Gassen, geriet unter den Brücken in Horden von krächzenden Bettlern, die in Zeitungspapier gewickelt dalagen, ein Hund schnappte nach ihm, schattenhaft im Dunkel, Ratten huschten pfeifend vorbei, und gurgelndes Wasser netzte seine Füße. Irgendwo heulte ein Schiff.

«Schon der dritte diese Woche«, krächzte die Stimme eines Bettlers.»Los, spring rein!»

«Unsinn«, keuchte ein anderer.»Ist viel zu kalt.»

Gelächter.

«Häng dich, häng dich«, bellten die Bettler im Takt:»Das ist am angenehmsten, das ist am angenehmsten.»

Er entfernte sich vom Strom, irrte durch die Altstadt, planlos. Irgendwo klimperte die Heilsarmee, er geriet in die Rue Funèbre, wo Passap wohnte, begann zu rennen, irrte stundenlang durch Quartiere, die er noch nie betreten hatte, durch Villenviertel, durch Arbeitersiedlungen, erfüllt von Radiolärm, an üblen Kneipen vorbei, aus denen die Spottlieder der Fahrcks-Anhänger dröhnten, durch Fabrikbezirke mit gespenstischen Hochöfen, und erreichte gegen Mitternacht seine alte Mansarde. Er machte nicht Licht, er stand gegen die Tür gelehnt, die er hinter sich geschlossen hatte, zitternd, verschmutzt, der Frack von O'Neill-Papperer zerrissen, den Zylinder von Goschenbauer hatte er längst verloren. Die Wasserspülungen rauschten immer noch, und vom Schein der kleinen Fenster an der gegenüberliegenden Fassade, der durch die verstaubten Scheiben fiel, wurden bald der Vorhang (mit dem alten Sonntagsanzug dahinter), bald das Eisenbett, bald der Stuhl und der wacklige Tisch mit der Bibel, bald die Bilder seiner einstigen Weltordnung an der unbestimmten Tapete erhellt. Er öffnete das Fenster, Gestank schlug ihm entgegen und ein verstärktes Brausen. Er riß ein Bild nach dem ändern von der Wand, schmetterte den Präsidenten, den Bischof, den amerikanischen Botschafter, sogar die Bibel in die dunkle Tiefe des schachtähnlichen Hofes.

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