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Denn gegen den Staatsanwalt ging er ebenso systematisch wie einfach vor: er hielt sich ständig in dessen Nähe auf. Jämmerlin konnte sein, wo er wollte, Lienhard lief ihm über den Weg. Bei jedem Plädoyer grinste ihm irgendwo Lienhards Gesicht entgegen. Aß er in einem Restaurant, aß am Nebentisch Lienhard. Dieser war immer in seiner Nähe. Wo Jämmerlin auch wohnte, im Nebenhaus wohnte Lienhard, zog Jämmerlin wütend in eine Mietwohnung um, plötzlich hauste Lienhard über ihm. Jämmerlin wußte sich nicht mehr zu helfen. Der Anblick Lienhards wurde ihm unerträglich. Er war mehrere Male nahe daran, sich auf ihn zu stürzen, tätlich zu werden, und einmal kaufte er sogar einen Revolver. Er zog von einer Straße zur anderen, von einem Stadtteil zum anderen, von der Hinterberg-Straße in die C. F. Meyer-Straße, von Wollishofen nach Schwamendingen, und als er endlich weitab von aller Zivilisation in der Katzenschwanz-Straße bei Witikon ein Chalet bauen ließ, wurde neben ihm ebenfalls gebaut. Jämmerlin schwante Ungutes. Daß sich als Bauherr der Prokurist einer Bank herausstellte, beruhigte ihn nur zeitweise. Mit Recht, denn als er im Frühjahr hemdsärmelig zum ersten Mal den jungen Rasen sprengte, winkte ihm über den frisch gestrichenen Gartenzaun Lienhard fröhlich entgegen, benahm sich wie unter alten Bekannten (die sie schließlich waren), stellte sich als neuer Nachbar vor. Der Bankprokurist war nur eine Attrappe gewesen. Jämmerlin wankte zum Haus zurück, kam noch bis zur Veranda. Zweiter Nervenzusammenbruch, dazu Herzinfarkt. Die Ärzte schwankten zwischen Irrenhaus und Klinik. Jämmerlin blieb zu Hause liegen, unbeweglich, wächsern, galt als erledigt. Doch er war zäh. Er rappelte sich wieder hoch, wenn auch innerlich verwüstet. Hinsichtlich Lienhard stille Ergebung. Die beiden blieben nebeneinander wohnen. Am Waldrand. Mit Blick auf Witikon. Jämmerlin wagte sich nicht mehr zu rühren. Um so mehr als er gegen eine andere Tätigkeit Lienhards auch machtlos war. Der war Privatdetektiv geworden, betrieb sein Geschäft in großem Stil. Er hatte in einem der feudalen Geschäftshäuser im Talacker Räume gemietet, gleich eine ganze Etage, von einem Zimmer schwebte man ins andere. Hinter modernen Bürotischen saßen einige gewichtige Herren, alte Sportler, wenn auch bierbäuchig, Zigarren rauchend und zufrieden, mit kurzgeschorenen Haaren, ferner ehemalige Polizisten, die er eingekauft hatte, was Lienhard finanziell bieten konnte, übertraf die Möglichkeiten unserer Stadt beträchtlich. Aber nicht diese Erwerbungen ärgerten Jämmerlin, Geschäft war Geschäft, dagegen ließ sich leider nichts vorbringen. Was ihn quälte, waren ganz andere Anschaffungen.
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