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Viele alte Stücke mit Inschriften. Ein Billardstock von Honoré de Balzac, einer von Gottfried Keller, ein anderer vom General Dufour, einer von Bismarck, sogar einer, der angeblich Napoleon gehört haben soll. Ich schaute mich etwas verlegen um. Der alte Dr.h.c. war überall zu spüren, es war mir, als könnte er jeden Augenblick vom Park hereinkommen, als hörte ich sein Lachen, als streifte mich sein aufmerksamer Blick.
Die Vision: Da geschah etwas Merkwürdiges, eigentlich etwas Gespenstisches. Ich begriff den Kantonsrat mit einemmal. Unerwartet. Die Einsicht überfiel mich geradezu. Ich erriet plötzlich das Motiv seines Handelns. Ich witterte es aus den kostbaren Möbeln, aus den Büchern, aus dem Billardtisch. Ich erspähte es aus der Verbindung von strengster Logik und Spiel, die sich diesem Räume eingeprägt hatte. Ich war in seinen Bau gedrungen, und nun sah ich klar. Kohler hatte nicht gemordet, weil er ein Spieler war. Er war kein Hasardeur. Ihn lockte nicht der Einsatz. Ihn lockte das Spiel selbst, das Rollen der Bälle, die Berechnung und die Ausführung, die Möglichkeit der Partie. Glück bedeutete ihm nichts (darum konnte er sich als vollkommen glücklich betrachten, er heuchelte nicht einmal). Er war nur stolz darauf, daß es in seiner Macht lag, die Bedingungen des Spiels zu wählen, liebte es, das Abschnurren einer Notwendigkeit zu verfolgen, die er selbst geschaffen hatte — hier lag sein Humor. Natürlich gab es auch dafür einen Grund. Sublimster Machttrieb vielleicht, die Sucht, nicht nur mit Kugeln, sondern auch mit Menschen zu spielen, die Verführung, sich Gott gleichzusetzen. Möglich. Aber nicht wichtig. Als Jurist habe ich an der Oberfläche zu bleiben, nicht in die Psychologie abzusinken oder gar in die Philosophie oder Theologie abzusacken. Mit seinem Morde hatte Kohler eine neue Partie begonnen, das war alles. Es lief nun nach seinem Plan. Ich war nichts als eine seiner Billardkugeln, die sein Stoß in Bewegung gesetzt hatte. Er handelte vollkommen logisch. Er hatte vor Gericht keinen Grund angegeben, weil dies unmöglich war.
Mörder handeln im allgemeinen aus handfesten Motiven. Aus Hunger oder aus Liebe. Geistige Motive sind selten und dann in der Verzerrung, die sie durch die Politik erfahren haben. Religiöse Motive kommen kaum mehr vor und führen direkt ins Irrenhaus. Der Kantonsrat jedoch handelte aus Wissenschaftlichkeit. Das scheint absurd. Aber er war ein Denker. Seine Motive waren nicht konkret, sondern abstrakt. Hier mußte man ihn fassen. Er liebte das Billard nicht als Spiel an sich, sondern weil es ihm als Modell der Wirklichkeit diente.
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