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«Wenn ich mir nur ein Bild von Ihnen machen könnte«, sagte der Kommandant,»fiele es mir dann leichter, Sie zu verstehen. Aber ich kann mir kein Bild machen. Als ich Sie zum ersten Mal besucht habe, hat mir Ihr Kampf für die Gerechtigkeit eingeleuchtet, und ich bin mir schäbig vorgekommen, aber jetzt leuchten Sie mir nicht ein. Das Alibi nehme ich Ihnen noch ab, aber daß es Ihnen um die Gerechtigkeit geht, nehme ich Ihnen nicht mehr ab.»
Der Kommandant erhob sich.»Sie tun mir leid, Spät. Daß Sie in eine absurde Geschichte verstrickt sind, ist mir klar, daß Sie dabei selber absurd werden, ist wohl nicht zu ändern. Ich denke, darum lassen Sie sich fallen. Hat Kohler wieder einmal geschrieben?»
«Aus Jamaika«, antwortete ich.
«Wie lange ist er jetzt weg?»
«Über ein Jahr«, sagte ich,»fast anderthalb Jahre.»
«Der Mensch saust kreuz und quer um den Erdball«, sagte der Kommandant.»Aber vielleicht kommt er doch bald zurück. «Dann ging er.
Nachschrift. Wieder drei Tage später: Daß ich mit Daphne geschlafen hatte, verschwieg ich dem Kommandanten. Er fragte ja auch nicht weiter, und es war ihm nicht wichtig. Ich habe lange überlegt, ob ich es niederschreiben soll. Aber der Kommandant hat recht, es ist alles so unsinnig geworden, daß es keinen Sinn hat, etwas zu verschweigen: Zur Realität gehört auch das Schändlichste, zu diesem Schändlichen gehört meine Rolle, die ich beim Untergang Daphnes spielte, auch wenn der Grund ein Racheakt der» echten «Monika Steiermann war. Nach dem Skandal war Daphne fast ein Jahr lang unauffindbar gewesen. Kein Mensch wußte, wo sie war, auch Lienhard nicht, wie er behauptete. Ihre Wohnung in der Aurorastraße blieb leer, die Miete wurde bezahlt. Von wem, war nicht auszumachen. Dann war sie wieder aufgetaucht. In ihrer alten Pracht. Wie wenn nichts geschehen wäre, wenn auch mit neuem Gefolge. Was sie verschwenderisch getrieben hatte, betrieb sie nun beruflich. Von ihren Freunden im Stich gelassen, machte sie nun in ihrem weißen Mercedes die Runde, verlangte horrende Preise und kam finanziell wieder auf die Beine. Auch nach Abzug der Steuern. Gemeindesteuer, Staatssteuer, Wehrsteuer, Alters- und Hinterbliebenenversicherung. Es galt als chic, mit ihr zu schlafen; es ist überflüssig, episch zu werden. Nur daß sie einmal bei mir erschien, will ich nicht verschweigen: Sie klopfte gegen zwei Uhr nachts an meine Wohnungstür in der Spiegelgasse. Ich kroch von der Couch, auf der ich schlief, dachte, es sei Lucky, machte Licht, öffnete, und sie trat ein. Sie schaute sich um.
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