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Die Freiheit von jeder ArtÜberzeugungen gehört zur Stärke, das Frei-Blicken-können… Die grosse Leidenschaft, der Grund und die Macht seines Seins, noch aufgeklärter, noch despotischer als er selbst es ist, nimmt seinen ganzen Intellekt in Dienst; sie macht unbedenklich; sie giebt ihm Muth sogar zu unheiligen Mitteln; sie gönnt ihm unter Umständen Überzeugungen. Die Überzeugung als Mittel: Vieles erreicht man nur mittelst einer Überzeugung. Die grosse Leidenschaft braucht, verbraucht Überzeugungen, sie unterwirft sich ihnen nicht, — sie weiss sich souverain. — Umgekehrt: das Bedürfniss nach Glauben, nach irgend etwas Unbedingtem von Ja und Nein, der Carlylismus, wenn man mir dies Wort nachsehn will, ist ein Bedürfniss der Schwäche. Der Mensch des Glaubens, der» Gläubige «jeder Art ist nothwendig ein abhängiger Mensch, — ein Solcher, der sich nicht als Zweck, der von sich aus überhaupt nicht Zwecke ansetzen kann. Der» Gläubige «gehört sich nicht, er kann nur Mittel sein, er muss verbraucht werden, er hat jemand nöthig, der ihn verbraucht. Sein Instinkt giebt einer Moral der Entselbstung die höchste Ehre: zu ihr überredet ihn Alles, seine Klugheit, seine Erfahrung, seine Eitelkeit. Jede Art Glaube ist selbst ein Ausdruck von Entselbstung, von Selbst-Entfremdung… Erwägt man, wie nothwendig den Allermeisten ein Regulativ ist, das sie von aussen her bindet und festmacht, wie der Zwang, in einem höheren Sinn die Sklaverei, die einzige und letzte Bedingung ist, unter der der willensschwächere Mensch, zumal das Weib, gedeiht: so versteht man auch die Überzeugung, den» Glauben«. Der Mensch der Überzeugung hat in ihr sein Rückgrat. Viele Dinge nicht sehn, in keinem Punkte unbefangen sein, Partei sein durch und durch, eine strenge und nothwendige Optik in allen Werthen haben — das allein bedingt es, dass eine solche Art Mensch überhaupt besteht. Aber damit ist sie der Gegensatz, der Antagonist des Wahrhaftigen, — der Wahrheit… Dem Gläubigen steht es nicht frei, für die Frage» wahr «und» unwahr«überhaupt ein Gewissen zu haben: rechtschaffen sein an dieser Stelle wäre sofort sein Untergang. Die pathologische Bedingtheit seiner Optik macht aus dem Überzeugten den Fanatiker — Savonarola, Luther, Rousseau, Robespierre, Saint-Simon — den Gegensatz-Typus des starken, des freigewordnen Geistes. Aber die grosse Attitüde dieser kranken Geister, dieser Epileptiker des Begriffs, wirkt auf die grosse Masse, — die Fanatiker sind pittoresk, die Menschheit sieht Gebärden lieber als dass sie Gründe hört…
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— Einen Schritt weiter in der Psychologie der Überzeugung, des» Glaubens«.
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