Der Wanderer und sein Schatten :: Ницше Фридрих
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— Brot neutralisiert den Geschmack anderer Speisen, wischt ihn weg; deshalb gehörtes zu jeder längeren Mahlzeit. In allen Kunstwerken muß es etwas wie Brot geben, damit es verschiedene Wirkungen in ihnen geben könne: welche, unmittelbar und ohne ein solches zeitweiliges Ausruhen und Pausieren aufeinanderfolgend, schnell erschöpfen und Widerwillen machen würden, so daß eine längere Mahlzeit der Kunst unmöglich wäre.
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Jean Paul. — Jean Paul wußte sehr viel, aber hatte keine Wissenschaft, verstand sich auf allerlei Kunstgriffe in den Künsten, aber hatte keine Kunst, fand beinahe nichts ungenießbar, aber hatte keinen Geschmack, besaß Gefühl und Ernst, goß aber, wenn er davon zu kosten gab, eine widerliche Tränenbrühe darüber, ja er hatte Witz, — aber leider für seinen Heißhunger danach viel zu wenig: weshalb er den Leser gerade durch seine Witzlosigkeit zur Verzweiflung treibt. Im ganzen war er das bunte, starkriechende Unkraut, welches über Nacht auf den zarten Fruchtfeldern Schillers und Goethes aufschoß; er war ein bequemer, guter Mensch, und doch ein Verhängnis, — ein Verhängnis im Schlafrock.
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Auch den Gegensatz zu schmecken wissen. — Um ein Werk der Vergangenheit so zu genießen, wie es seine Zeitgenossen empfanden, muß man den damals herrschenden Geschmack, gegen den es sich abhob, auf der Zunge haben.
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Weingeist-Autoren. — Manche Schriftsteller sind weder Geist noch Wein, aber Weingeist: sie können in Flammen geraten und geben dann Wärme.
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Der Mittler-Sinn. — Der Sinn des Geschmacks, als der wahre Mittler-Sinn, hat die anderen Sinne oft zu seinen Ansichten der Dinge überredet und ihnen seine Gesetze und Gewohnheiten eingegeben. Man kann bei Tische über die feinsten Geheimnisse der Künste Aufschlüsse erhalten: man beachte, was schmeckt, wann es schmeckt, wonach und wie lange es schmeckt.
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Lessing. — Lessing hat eine echt französische Tugend und ist überhaupt als Schriftsteller bei den Franzosen am fleißigsten in die Schule gegangen: er versteht seine Dinge im Schauladen gut zu ordnen und aufzustellen. Ohne diese wirkliche Kunst würden seine Gedanken sowie deren Gegenstände ziemlich im Dunkel geblieben sein, und ohne daß die allgemeine Einbuße groß wäre. An seiner Kunst haben aber viele gelernt (namentlich die letzten Generationen deutscher Gelehrten) und Unzählige sich erfreut. Freilich hätten jene Lernenden nicht nötig gehabt, wie so oft geschehen ist, ihm auch seine unangenehme Ton-Manier, in ihrer Mischung von Zankteufelei und Biederkeit, abzulernen.
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