Der Wanderer und sein Schatten   ::   Ницше Фридрих

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 — Über den» Lyriker «Lessing ist man jetzt einmütig: über den Dramatiker wird man es werden.

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Unerwünschte Leser.  — Wie quälen den Autor jene braven Leser mit den dicklichten, ungeschickten Seelen, welche immer, wenn sie woran anstoßen, auch umfallen und sich jedesmal dabei wehe tun!

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Dichter-Gedanken.  — Die wirklichen Gedanken gehen bei wirklichen Dichtern alle verschleiert einher wie die Ägypterinnen: nur das tiefe Auge des Gedankens blickt frei über den Schleier hinweg. — Dichter-Gedanken sind im Durchschnitt nicht so viel wert, als sie gelten: man bezahlt eben für den Schleier und die eigene Neugierde mit.

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Schreibt einfach und nützlich.  — Übergänge, Ausführungen, Farbenspiele des Affekts, — alles das schenken wir dem Autor, weil wir dies mitbringen und seinem Buche zugute kommen lassen, falls er selber uns etwas zugute tut.

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Wieland.  — Wieland hat besser als irgend jemand deutsch geschrieben und dabei sein rechtes meisterliches Genügen und Ungenügen gehabt (seine Übersetzungen der Briefe Ciceros und des Lucian sind die besten deutschen Übersetzungen); aber seine Gedanken geben uns nichts mehr zu denken. Wir vertragen seine heiteren Moralitäten ebensowenig wie seine heiteren Immoralitäten: beide gehören so gut zu einander. Die Menschen, die an ihnen ihre Freude hatten, waren doch wohl im Grunde bessere Menschen als wir, — aber auch um ein gut Teil schwerfälligere, denen ein solcher Schriftsteller eben not tat. — Goethe tat den Deutschen nicht not, daher sie auch von ihm keinen Gebrauch zu machen wissen. Man sehe sich die Besten unserer Staatsmänner und Künstler daraufhin an: sie alle haben Goethe nicht zum Erzieher gehabt — nicht haben können.

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Seltene Feste.  — Körnige Gedrängtheit, Ruhe und Reife — wo du diese Eigenschaften bei einem Autor findest, da mache Halt und feiere ein langes Fest mitten in der Wüste: es wird dir lange nicht wieder so wohl werden.

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Der Schatz der deutschen Prosa.  — Wenn man von Goethes Schriften absieht und namentlich von Goethes Unterhaltungen mit Eckermann, dem besten deutschen Buche, das es gibt: was bleibt eigentlich von der deutschen Prosa-Literatur übrig, das es verdiente, wieder und wieder gelesen zu werden? Lichtenbergs Aphorismen, das erste Buch von Jung-Stillings Lebensgeschichte, Adalbert Stifters Nachsommer und Gottfried Kellers Leute von Seldwyla, — und damit wird es einstweilen am Ende sein.

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