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Ich habe die Zusammenkunft erlaubt, und Sie werden Kohler in Gegenwart eines Wärters sprechen.»
Ich wußte von Stüssi-Leupin, daß er seine Klienten ohne Zeugen sprechen durfte.
«Stüssi-Leupin besitzt unser Vertrauen«, antwortete der Zuchthausdirektor auf meine Frage.»Ich will damit nicht sagen, daß wir Ihnen mißtrauen, aber wir kennen Sie noch nicht.»
«Verstehe.»
«Und noch etwas, Herr Spät«, fuhr der Zuchthausdirektor fort, nun schon freundlicher:»Bevor Sie mit Kohler reden, möchte ich Ihnen doch mitteilen, was ich von diesem Sträfling halte. Vielleicht ist das für Sie wichtig. Verstehen Sie mich recht. Ich habe mich nicht darum zu kümmern, weshalb die Menschen, die ich zu beaufsichtigen habe, hier sind. Das geht mich nichts an. Meine Sache ist der Strafvollzug. Ausschließlich. Aus diesem Grunde will ich mich auch nicht zu Kohlers Verbrechen äußern, Ihnen aber gestehen, daß der Mann mich persönlich etwas verwirrt.»
«Inwiefern?«fragte ich.
Der Zuchthausdirektor zögerte ein wenig mit der Antwort:»Der Mann scheint vollkommen glücklich zu sein«, sagte er dann.
«Das ist doch erfreulich«, meinte ich.
«Na ja — ich weiß nicht«, entgegnete der Zuchthausdirektor.
«Ihr Betrieb ist schließlich ein Musterbetrieb«, sagte ich.
«Ich tue mein Bestes«, seufzte der Zuchthausdirektor,»aber trotzdem. Ein Multimillionär, der glücklich in seiner Zelle sitzt, das klingt unanständig.»
Auf der Zuchthausmauer spazierte eine große fette Amsel herum, wohl in der Hoffnung, bleiben zu dürfen, verlockt vom Piepsen, Singen und Pfeifen der in ihren Käfigen so wohlbetreuten Vögel, das bisweilen übermächtig aus den vergitterten Fenstern zu vernehmen war. Es war ein heißer Tag, der Sommer schien wiederaufzuflammen, über den fernen Wäldern ballten sich die Wolken zusammen, und vom Dorfe dröhnten die Schläge der Kirchturmuhr. Neun Uhr.
Ich steckte mir eine Parisienne an. Er schob mir einen Aschenbecher hin.
«Herr Spät«, fuhr der Zuchthausdirektor fort,»stellen Sie sich einen Sträfling vor, der Ihnen gleich ins Gesicht zu erklären wagt, er finde das Zuchthaus wunderbar, die Wärter tüchtig, er sei vollkommen glücklich und brauche nichts. Unfaßlich. Ich war einfach angewidert.»
«Warum denn?«fragte ich.»Sind Ihre Wärter denn nicht tüchtig?»
«Natürlich sind sie tüchtig«, antwortete der
Zuchthausdirektor,»aber das habe ich, nicht ein Gefangener festzustellen. Man jubelt schließlich auch nicht in der Hölle.»
«Gewiß«, gab ich zu.
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