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Ein Auge entstand, ein Mund, eine Brust vielleicht, eine Vagina, den Rest brauchte ernicht zu behauen, aus Andeutungen schuf die Phantasie des Betrachters bald den Kopf eines Zyklopen, bald ein Getier, bald ein Weib. Auch wenn er modellierte, begnügte er sich mit dem Notwendigsten. Man muß modellieren, wie man skizziert, pflegte er zu sagen. Um so staunenswerter, wie er jetzt vorgegangen war. Der Gips schien zu atmen, vor allem weil er meisterhaft bemalt war. Ich trat zurück und dann wieder nahe heran, für die Haupt- und Schamhaare mußte er Menschenhaar genommen haben, um die Täuschung vollkommener zu machen: die Statue wirkte jedoch nicht puppenhaft. Sie strahlte eine bewundernswerte Plastik aus. Plötzlich bewegte sie sich. Sie stieg vom Sockel, würdigte mich keines Blickes, ging in den Hintergrund des Ateliers, suchte, fand eine halbvolle Flasche Whisky und trank. Sie war nicht aus Gips. Mock hatte gelogen. Es war die echte Monika Steiermann.
«Sie sind der vierte, der drauf reingefallen ist«, sagte Mock,»und das dümmste Gesicht haben Sie gemacht. Und von Kunst verstehen Sie auch nichts.»
Ich ging. Die Statue aus bemaltem Gips, die in der anderen Ecke des Ateliers stand, wurde anderntags abgeholt. Von einem Bevollmächtigten des Freiherrn von Lüdewitz, von ihrem Onkel, der die Hilfswerkstätte Trög AG leitete.
Monika Steiermann 1: Je weiter mein Bericht fortschreitet, desto schwieriger wird er zu erzählen. Nicht nur der Bericht verwirrt sich, auch meine Rolle wird zweideutig, ich vermag nicht mehr anzugeben, ob ich handelte oder ob durch mich gehandelt, ja ob mit mir gehandelt wurde. Vor allem bezweifle ich immer mehr, ob es Zufall war, wie Lienhard Monika Steiermann ins Spiel brachte. Mit dem Möbelhändler hatte ich kein Glück, er hatte nun einmal die in der Gagerneck hergestellten Renaissanceschränke durch die Zeugnisse eines von ihm erfundenen römischen Experten für echt erklärt und mit dessen Unterschrift versehen, was ich, aber nicht Jämmerlin übersah. Aber die Reise nach Caracas stand bevor, doch mitten in den Vorbereitungen meldete Ilse Freude Fanter an, einen weiteren Mann Lienhards. Zu meiner Verwunderung kam der dicke, Brissago rauchende Fanter in der Uniform der Stadtpolizei, bei welcher er zwei Jahrzehnte gedient hatte.
«Sie sind verrückt, Fanter, so zu erscheinen«, sagte ich.
«Es wird nützlich sein, Herr Spät«, seufzte er,»es wird nützlich sein. Monika Steiermann hat angerufen. Sie braucht einen Rechtsanwalt.»
«Warum?«fragte ich.
«Sie werde verprügelt.»
«Von wem?»
«Vom Dr. Benno«, antwortete Fanter.
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